Auf nach Sylt: Erfahrungsbericht VW T6 California 2.0 TDI

„Schatz, meinst du echt, wir schaffen es in 5 Stunden bis zum Autozug nach Sylt? Immerhin sind das 380 Kilometer, es ist Freitagnachmittag und es geht durch den Elbtunnel. Wehe, wir schaffen den Autozug nicht und kommen dann heute gar nicht mehr auf die Insel.“ – Ach, meine liebe Frau. Was macht sie sich wieder unnötig Sorgen. Wahrscheinlich hat sie vergessen, dass wir dieses Wochenende mit dem VW T6 2.0 TDI California unterwegs sind, der eben nicht nur genug Platz zum Schlafen für die vierköpfige Familie sowie unseren Hund bietet – sondern auch dank 204 PS mit fast 200 km/h Topspeed über die Bahn zu jagen ist.  380 Kilometer in 5 Stunden? Kein Problem.

Alt und individuell ausgebaut

Tja, dann eben doch nach Dänemark

Doch schon nach 100 Kilometern und dem ersten Stau ist klar: Das wird eng. Wenn du Bahn frei ist, geht es dank des kräftigen Selbstzünders zwar wirklich zügig voran – wobei der Spritverbrauch erstaunlicherweise nicht so stark klettert, wie es die Schrankwand vermuten ließe – doch im Stau stehen eben alle gleich. Und so müssen wir kurz hinter dem Elbtunnel unsere Hoffnungen begraben und ich kleinlaut einräumen, dass wir heute nicht mehr nach Sylt kommen. Die Frau ist sauer, der Haussegen hängt schief und was bleibt ist Schadensbegrenzung. Und die sieht wie folgt aus: „Schatz, was hältst du davon, wenn wir einfach weiterfahren bis nach Rømø (DK), uns da einen idyllischen Stellplatz suchen und morgen die erste Fähre nach Sylt nehmen? Die Kinder wollten eh schon immer mal Fähre fahren, auf Rømø waren wir schon 25 Jahre nicht und außerdem ist die Fähre billiger als der Autozug – zumindest Samstagvormittag.“

Es klappt. Frau, Kinder und Hund sind einverstanden und da wir nicht in Niebüll übernachten wollen, düsen wir kurzerhand weiter bis über die dänische Grenze, queren Rømø und finden auf einem süßen Campingplatz einen Quickstopp für die Nacht. Kostenpunkt: 10 Euro. Und einen Spielplatz gibt’s auch noch. Nachdem wir die Hundebox, für die schlicht in einem Fünfmeter-Camper mit aufgebautem unterem Bett kein Platz ist – Gleiches gilt im Übrigen für die beiden Kindersitze – ausquartiert haben – gibt’s eine schnelle Runde Nudeln auf dem zweiflammigen Gaskocher.

Oben und unten: Man schläft überall erstaunlich gut

Nachdem auch die wer-schläft-wo-Frage geklärt ist – beide Kinder mit Mama oben, weil es so cool ist – genießen wir eine extrem entspannte Nacht. Das liegt zum einen am abgelegenen Platz auf dem Gelände, zum anderen an den sehr angenehmen Betten des Cali. Zugegeben, oben ist die Schlafstatt dank der Federteller noch etwas rückenschonender (und dazu noch etwas breiter), aber auch im Erdgeschoss ist von der Sitzbank, sowie der flach gelegten Rückenlehne nichts zu spüren – der faltbaren Zusatzmatratze sei Dank.

Nachdem eines der Kinder mitten in der Nacht doch noch nach unten gekrabbelt ist – das würde ich nur Kindern älter als 5 Jahre erlauben, weil es doch ein ziemliches Geturne ist – wundern wir uns am nächsten Morgen alle, warum wir so außerordentlich lange geschlafen haben. Die Verdunkelungsrollos sind Schuld. Sie helfen, das Innere wirklich so stark zu dimmen, dass auch die frühe Sommersonne keinen Spalt zu Hineinscheinen findet.

Um die auf der gestrigen Fahrt noch flugs reservierte Fähre nach Sylt nicht auch noch zu verpassen, verschieben wir das Frühstück auf später, sammeln unser Geraffel wieder ein – zum Glück hatte es nicht geregnet – und machen uns auf den Weg. 50 Euro kostet die Fähre, 45 Minuten dauert die Überfahrt und im Zielhafen List auf Sylt kaufen wir erst einmal fürs Frühstück ein. Zwar waren wir schon öfter auf der Insel, sind aber immer wieder überrascht, dass es bei vielen Dingen keinen Insel-Zuschlag gibt.

Dank Tempomat und Siebengang-DSG gondeln wir extrem relaxt zu unserem Camping-Platz in Hörnum. Es erwartet uns nicht nur ein irre nettes Stellplatz-Nachbar-Pärchen mit ausgebautem Fiat Ducato und kleinem Hündchen, sondern auch ein süßer Platz mitten in den Dünen und sehr neue und gepflegte Sanitäranlagen. Wir sind begeistert. Der Sonnenschein und die deutlich über 20 Grad tragen ihren Teil zum Wohlbefinden bei.

Nette Nachbarn: Untern Campern hilft man sich

Nachdem Hundebox und Kindersitze wieder draußen geparkt sind, gilt es, den Bus an den Landstrom zu koppeln. Und hier stoße ich ans erste Problem. Zwar habe ich einen Adapter für den Anschluss der Verlängerungsschnur an die Bus-Buchse dabei, doch das passende Teil für den Anschluss an die Stromsäule habe ich nicht dabei – ich wusste auch gar nicht, dass man so eines braucht. Tja. Dann eben doch kein Landstrom. Oder doch? Der nette Nachbar sieht mein genervtes Gesicht und lässt mich kurzerhand an seine Verteilerdose. Zack, Problem gelöst.

Wir kommen ins Gespräch und ich erfahre, dass das Pärchen aus Flensburg kommt und viele Jahre ebenfalls mit einem California herumgereist ist, eh es sich nun einen Sechsmeter-Kastenwagen zugelegt hat. Der sei zwar super, erzählen beide, aber ihrem Bulli trauern sie immer noch etwas nach und bewundern darum auch den rot-weißen-Tester, mit dem wir unterwegs sind. Und dieses Phänomen sollten wir noch öfter erleben. Oh ja, man kann mit einem kleine Camper auch neidische Blicke auf sich ziehen. Wir hätten es ja nicht gedacht ….

Landstrom ist angeschlossen, das Dach ist (elektrisch!) aufgestellt und der Platz erkundet. Als nächstes wird der für vier Personen taugliche Tisch auf der Schiebetür gezaubert und zwei Stühle aus ihren Fächern in der Heckklappe befreit. Auch ohne übermäßige Mathekenntnisse wird nun klar: Es fehlen zwei Stühle. Glücklicherweise haben wir noch zwei mitgenommen, die allerdings den Stauraum zwischen erster und zweiter Reihe weiter eingeschränkt haben. Und natürlich müssen auch sie immer draußen bleiben, da sie nachts schlicht keinen Platz mehr im Camper finden.

Um unser reichhaltiges Geraffel, das sich inzwischen vor dem Bus angesammelt hat, nicht immer einladen zu müssen, wenn wir uns auf den Weg zu einem Ausflugsziel machen, haben wir uns ein langes Spiral-Schloss mitgenommen, mit dem wir kurzerhand alles zusammenschließen. So wird es unrechten Menschen zumindest etwas schwerer gemacht und wir ersparen uns das andauernde Ein- und Ausladen – denn das nervt doch etwas.

In Westerland – dem eigentlichen Ziel unseres Kurztrips angekommen – offenbart der knapp fünf Meter lange VW California dann seine wahre Stärke: Seine kompakten Abmessungen. So finden wir selbst direkt am Strand noch einen Parkplatz und sind nur wenige Schritte vom Kitesurf-Cup am Strand entfernt. Sensationell. Leider macht uns der Wind – oder besser dessen Abwesenheit – einen Strich durch die Rechnung. Alle Wettkämpfe fallen aus und so bummeln wir nur etwas an der Promenade entlang und genießen die chillige Atmosphäre.

Knapp fünf Meter: Der Cali hat halt klare Vorteile

Kleine Anekdote am Rande: Zwei Wagen vor uns am Straßenrand parkt ein weiterer California (T4), an dem sich gerade zwei Kiter umziehen und unter der Außendusche (die unser T6 natürlich auch hat) das Salz abspülen. Wir schätzen das Pärchen auf Mitte Sechzig und hoffen, dass wir in dem Alter auch noch so cool sind 🙂

Nachdem wir bis zum späten Nachmittag noch ein wenig die Insel erkundet haben und extrem froh sind, mit dem 1,99 Meter hohen Cali wirklich überall hin zu kommen, kehren wir zurück auf den Campingplatz, richten uns wieder häuslich ein und nehmen noch ein Bad in der erstaunlich warmen Nordsee. Da wir nicht damit gerechnet haben, dass das Wasser so warm ist, haben wir keine Badesachen mit. Weil FKK aber nirgends explizit verboten ist, stürzen wir uns allemann nach in die Fluten und genießen die das Toben in der Brandung.

Nachdem die Kinder in der oberen Etage zur Nacht gebettet sind, rundet der Griff in die 42-Liter-Kühlbox, die wirklich derbst herunterkühlt, und das Herausangeln einiger Biere den Tag ab.

Den folgende Morgen starten wir dank frischer Brötchen vom Campingplatz, dem 30-Liter-Wassertank, der 2,8-Kg-Gasbuddel sowie dem Zweiflammkocher und Kaffepulver wahrlich traumhaft in den Tag. Die Sonne scheint, der schwerbeladenen Tisch steht wie eine eins und wir finden es schon jetzt schade, die Insel in wenigen Stunden verlassen und den Cali in wenigen Tagen abgeben zu müssen.

Dank der Plastikschüssel, die serienmäßig in der Spüle sitzt, geht’s mit dem schmutzigen Geschirr flugs zum Abwaschen. Danach ist in wenigen Minuten alles im Camper verstaut (Stühle, Tisch, Hundebox, Kindersitze, Kabeltrommel), das Aufstelldach ist auf Knopfdruck eingefahren (immer dran denken, mindestens eine Tür dabei offen zu halten, da sich der Stoff sonst nicht korrekt einfalten kann) und schwups, schon sind wir fünf wieder unterwegs.

Nach einigen weiteren Abstechern zum „Ellenbogen“ fahren wir gegen 15.00 Uhr auf den Autozug nach Niebüll und freuen uns auf die Fahrt zum Festland. Mit offenen Fenstern rattern wir auf dem Autozug Sylt über den Hindenburgdamm dahin und genießen die entspannte Reise, bei der selbst der Fahrer einmal die Seele baumeln lassen kann.

{reise}Eingangs erwähnte 380 Kilometer, aber nur rund drei Stunden später trudeln wir am Ausgangspunkt der Reise wieder ein. Auf der Rückfahrt haben wir den Verbrauch des über zwei Tonnen schweren und nicht gerade aerodynamisch gestalteten Kastens auf rund 9,5 Liter Diesel/100 Km gedrückt, ohne wirklich langsam unterwegs zu sein. Wir stellen den Tester nach insgesamt 1.200 Kilometern ab und freuen uns schon für den Kollegen, der am kommenden Wochenende mit dem Rot-Weißen nach Dänemark düsen und sich dort ebenfalls ein Wochenende am Meer gönnen wird. Wir sind gespannt, was er als Alleinreisender nach seinem Trip zu erzählen hat. Als kleiner Kliffhänger vorweg: Hätte der Kollege eine Frau, hätte sie ihm nach der ersten Nacht die Hölle heiß gemacht 🙂

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